Ein Jahr im Reich der Mitte

Monat: Juni 2021

Andere Städte haben auch schönen Regen

Da hat man mal eine Dienstreise an einen Ort, an dem andere Urlaub machen und was passiert? Es regnet wie aus Eimern. Das natürlich erst nach Feierabend, denn den ganzen Tag über war bestes Strandwetter, 32°C und Sonnenschein.

Aber der Reihe nach. Relativ kurzfristig hatte sich ergeben, dass ich mit einem Kollegen nach Xiamen reisen musste. Dort begann Anfang Mai ja auch die super schöne Fujian-Rundreise nach nur Fünf Stunden Verspätung des Hinflugs. Gelernt habe ich aber wohl nicht viel daraus, denn den Hinflug hatte ich wieder mit derselben Fluggesellschaft gebucht, die mir den extralangen Aufenthalt am Flughafen Hongqiao beschert hatte.

Lieblingsairline?


Sonntag Nachmittag um drei sollte es also losgehen. Genug Zeit zum Ausschlafen nach dem zweiten EM-Gruppenspiel der deutschen Nationalmannschaft. Die ich als alter Frühaufsteher allerdings gar nicht nötigt hatte. So war ich dann längst auf, als mich die Nachricht erreichte, der Flug sei abgesagt. Was ein relativ blöder Zeitpunkt ist, denn in Deutschland war nicht nur Wochenende, sondern auch noch Nacht. Umbuchen mit unserem Reisebüro dürfte schwierig werden. Und irgendwie musste ich etwas tun. Glücklicherweise ist der Flughafen nicht weit weg von meiner Unterkunft und so bin ich einfach mit der Metro dorthin gefahren. Am Schalter konnte ich dann tatsächlich ohne Probleme und zusätzliche Kosten auf einen nur zwei Stunden späteren Flug umbuchen. Am Telefon wäre das vermutlich schwieriger geworden.

Die Insel

Mein chinesischer Kollege hat leider keinen Platz mehr in dem Flieger bekommen und musste schließlich auf eine andere Fluggesellschaft umschwenken. Aber egal, am Ende sind wir beide in Xiamen angekommen und haben unser Hotel mitten in der Stadt erreicht. Das Zimmer kostet dort übrigens ca. 35 Euro pro Nacht, mit Frühstück. Da kann man nicht meckern. Und die Zimmer sind durchaus ok, sauber und relativ gut erhalten.

Promenade

Den Tag haben wir dann mit Arbeiten verbracht und dabei die ganze Zeit vor Augen gehabt, dass man sich bei so einem Traumwetter besser am Meer aufhält. Das wollten wir dann am Abend nachholen. Womit wir dann wieder am Anfang des Beitrags wären.
Schon beim Verlassen des Hotels fallen die ersten Tropfen und es werden zusehends mehr. Also beschließen wir, zunächst Essen zu gehen, wobei der Niederschlag wirklich nachlässt, ja praktisch aufhört. Aber auch nur bis wir an der Promenade angekommen sind. Denn dann ging der eigentliche Unwetter-Regen erst richtig los. Und hörte auch längere Zeit nicht mehr auf, bis wir schließlich die zwei Kilometer zum Hotel mit dem Taxi gefahren sind. Der Blick auf die berühmte Insel, deren Besuch ich im Mai bereits verpasst hatte, konnte da auch nicht aufmuntern.

Ne, da kann man auch wieder nach Shanghai fliegen. Und genau das werden wir nach der Abschlussbesprechung morgen auch tun.

Es wird nicht besser

Non Stop Rain Season

Also, wenn es mal wieder möglich sein wird, eine Urlaubsreise nach China zu machen, werden meine Familie und ich das sicher tun. Allerdings scheiden die Sommermonate dafür eindeutig aus, zumindest wenn man vorhat, auch Shanghai zu besuchen. Und das wäre bei uns natürlich ein zentraler Punkt eines Urlaubs. Im Juli und August wird es hier schlicht zu heiß, um die Stadt genussvoll zu Fuß zu erkunden. Und im Juni kommt dann noch die fünfte Jahreszeit hinzu, die hier allerdings weit weniger amüsant ist als im Rheinland.

Regenpause

Wir erleben hier nämlich gerade die Pflaumenregen-Saison. Oder auch Non-Stop-Rain-Season genannt. Diese dauert üblicherweise etwa zwei bis drei Wochen und bietet reichlich Regen bei Außentemperaturen von 25-30 °C. Bisher scheint sich das „Non-Stop“ zum Glück darauf zu beschränken, dass es täglich regnet. Das dann aber oft und in unterschiedlichen Stärken und Dauern. In den Regenpausen ist es dann unangenehm warm und schwül. Luftfeuchtigkeiten größer 80% sind definitiv nicht mehr im Wohlfühlbereich.

Es geht auch schön

Die Wetterbedingungen erschweren mein Lauf- und Abnehmprogramm natürlich ein wenig. Trotzdem habe ich es Samstag tatsächlich geschafft, mich zu einem 30 Kilometerlauf im Park aufzuraffen und das auch bis zum Ende durchzuziehen. Am frühen Morgen war gerade kein Regen zu sehen, stattdessen zeigte sich sogar die Sonne. Wie immer waren die letzten drei Kilometer eines langen Laufs für mich ziemlich anstrengend, aber ein kühles Iso-Getränk vom Kiosk hat mich da gut durchgebracht. Das Hauptproblem bei der hohen Luftfeuchtigkeit ist, dass der Schweiß kaum verdunstet und somit nicht so gut kühlt. Man schwitzt also noch mehr und die Kleidung klebt schließlich klitschnass am Körper.

Etwa drei Kilogramm hatte ich nach dem Lauf weniger auf der Waage und dafür ziemlich viel Durst. Eineinhalb Liter Apfelsaft mit Mineralwasser waren in kürzester Zeit getrunken. Wenn sich der Wasserhaushalt des Körpers schließlich wieder normalisiert hat, bleibt vom Gewichtsverlust leider nicht mehr so viel übrig.
Da ich die langen Distanzen noch nicht wirklich gut draufhabe, erst Recht bei den Umgebungsbedingungen, war ich den Rest des Tages entsprechend platt. Neben dem Ausruhen hat es gerade noch zu einem kleinen Spaziergang gereicht.

Auf dem Weg zu einem unserer deutschen Discounter, habe ich dieses „hübsche“ Gebäude entdeckt. Ich bin nicht sicher, was der Architekt sich dabei gedacht hat, aber wirklich schön ist der künstliche Felsen nicht, der sich da an das Gebäude schmiegt.

Schirm-Sharing

80% Regenwahrscheinlichkeit

Wenn die Wettervorhersage für die nächsten Stunden 80-90 Prozent Regenwahrscheinlichkeit ankündigt, wird es vermutlich auch ein paar Tropfen von oben geben. Unklar bleibt allerdings, wie viel es am Ende sein wird. Mittwoch morgens war genau das der Fall. Für meine Regenjacke war es mir zu warm, mein Schirm ist mir zu schwer (zusätzlich zur Laptoptasche) und im Minhang Distrikt gab es bestenfalls Nieselregen. Was ja bereits zur Regenwahrscheinlichkeit hinzuzählt. Und da ich bisher immer Glück hatte, bin ich optimistisch im kurzen Hemd los, in die Metro und ab nach Nanxiang.

Am Zielbahnhof angekommen, konnte ich dann feststellen, dass 15 Kilometer und eine Stunde durchaus einen Unterschied in der Regenmenge machen können. So stand ich dann da, im strömenden Regen und wusste nicht wirklich weiter. Eine halbe Stunde Fußweg würde die nächste Waschmaschine überflüssig machen. Plan A: Abwarten und einen Kaffee in einer bekannten Burger-Kette trinken. War lecker, hat aber das Problem nicht gelöst.

Aber China wäre nicht China, gäbe es nicht eine App für diesen Fall. Den Regen abzustellen, das geht auch hier noch nicht, aber sich zu schützen, das muss doch möglich sein. Et voilà, am Ausgang des Bahnhofs präsentieren wir Regenschirme zum Mitnehmen, Schirm-Sharing sozusagen. Das Grundprinzip ist schnell erkannt, einen QR-Code einscannen und schon kann man einen Regenschirm ausleihen. Vermutlich ist es auch so einfach, vorausgesetzt man kann Chinesisch. Denn manch praktische App für den Alltag ist leider nur auf Chinesisch verfügbar. Glücklicherweise gibt es aber viele hilfsbereite Chinesen und so habe ich einfach gewartet, bis der Nächste einen Schirm zurückgebracht hat. Das war dann auch noch jemand, der gut Englisch sprechen konnte, und so konnte ich wenige Minuten später mit einem schicken Schirm zur Arbeit gehen. Der Regen hatte bis dahin sogar schon wieder etwas nachgelassen. Um etwas Zeit zu sparen und wirklich wie ein Einheimischer aufzutreten, habe ich daher noch schnell ein Fahrrad gemietet und bin mit dem Schirm in der Hand gefahren. Das macht man hier so. Gibt es natürlich keine Fotos von.

Am Nachmittag war das Wetter dann wieder freundlich und selbst die Hunde machten eine kleine Spazierfahrt. Den Schirm stellt man übrigens nach der Benutzung wieder an der Ausgabestelle oder auch einer beliebigen anderen ab. Die scheint es an vielen Metrostationen zu geben. Etwa 50 Cent hat der Tag Schirmnutzung gekostet. Das war es mir definitiv wert.

Beifahrer